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Der ökologische Reichtum der Auenwälder

Auen bilden nicht nur romantische Uferlandschaften, sondern sie sind auch wichtige Lebensräume für Pflanzen und Tiere.

Kontext

Flusslandschaften sind abwechslungsreiche Lebensräume, die verschiedensten Tier- und Pflanzenarten finden dort eine ökologische Nische. Auen stellen ein einzigartiges, wertvolles Ökosystem dar. Als der wilde Rhein gezähmt und schiffbar gemacht wurde, führte dies zu tiefgreifenden Veränderungen im Ökosystem und viele Arten, die an die besonderen Bedingungen des ursprünglichen Lebensraumes angepasst waren, sind heute selten geworden.

Straßburg ist etwas Besonderes

Straßburg ist als einzige Stadt in Europa von Auwäldern umgeben. Zwar wurden in diesen Wäldern zahlreiche forstwirtschaftliche Maßnahmen durchgeführt - Anpflanzungen von Buchen, Fichten, Bergahorn und Walnussbäumen beispielsweise - trotzdem zeigt sich die Natur dort inzwischen wieder von ihrer urtümlichen Seite, denn viele Waldgebiete sind seit 1984 unberührt.

Üppiges Wachstum

Die drei großen Waldgebiete von Neuhof, Ruprechtsau und dem Rohrschollen beherbergen 70 bis 80 verschiedene Strauch- und Baumarten. Einige davon sind sehr selten geworden, wie die wilden Apfel- und Birnenbäume oder, wie die Flatterulme, sogar vom Aussterben bedroht. Zahllose Kletterpflanzen - darunter Efeu, Waldrebe, Hopfen oder die seltene, unter Schutz stehende wilde Weinrebe verleihen diesen Wäldern den üppigen Charme einer Wildnis, die an tropische Regenwälder denken lässt. Der Efeu fügt seinem Gastgeber, dem Baum, keinerlei Schaden zu, er benutzt ihn nur als Klettergerüst auf seinem Weg nach oben ans Licht.

Seit Mitte der 80er Jahre bleibt der Wald weitgehend sich selbst überlassen. Deshalb findet man dort viele alte Bäume mit dicken Stämmen. Insbesondere Eichen erreichen Durchmesser zwischen einem und zwei Metern. Außerdem fällt viel Totholz an, welches in den natürlichen Stoffkreislauf zurückkehrt. Einige Waldbereiche haben den ursprünglichen Auwaldcharakter bewahrt. Dort wachsen Fichten, Stieleichen und Linden.

Singvögel im Auwald

Das Ökosystem der rheinischen Auwälder bietet vielen Vogelarten einen Lebensraum. Es gibt im Naturschutzgebiet Rohrscholleninsel 54 verschiedene Arten, darunter sechs Spechtarten, nämlich Schwarzspechte, Grünspechte, Grauspechte, Buntspechte, Mittelspechte und Kleinspechte. Auch findet man den Gartenbaumläufer - eine Vogelart, die normalerweise in den Nadelwäldern der Gebirge heimisch ist, aber auch in den Forsten von Ruprechtsau und Rohrschollen vorkommt.

Die Tier- und Pflanzenwelt der Feuchtgebiete

Gewässer wie Teiche, Sümpfe und Waldseen beherbergen allerlei Amphibien und besondere Pflanzen.

Man wird dort seltene und geschützte Gewächse antreffen wie den eigentümlichen großen Wasserschlauch - eine fleischfressende Wasserpflanze, die sich von Kleinstlebewesen ernährt.

In den Wäldern findet man über zehn verschiedene Amphibienarten. Der sehr seltene Kammmolch ist im Wald von  Ruprechtsau und auf der Rohrscholleninsel heimisch. Grasfrosch und Erdkröte sind typische Vertreter der Amphibienfauna im Neuhofer Waldgebiet.

Seltene Libellenarten mögen die verhältnismäßig starke Strömung beim Altenheimerkopf im Neuhofer Forst. Typisch für diesen Lebensraum sind die Helm-Azurjungfer - eine in Frankreich geschützte Spezies, die kleine Zangenlibelle, mehrere Blaupfeilarten und auch die quergestreifte Quelljungfer, die seit einiger Zeit dort vorkommt.

Weitaus ruhiger geht es an den Waldseen von Ruprechtsau und an den Wasserläufen des Rohrschollen zu. Die vielen Feuchtgebiete dienen mehreren Arten von Wasservögeln als Lebensraum. Man trifft hier einige seltene Vertreter der Vogelwelt: die Reiherente besiedelt dieses Biotop und auch der winzige Zwergtaucher, der aus Pflanzenteilen sein schwimmendes Nest baut. Stockente und Höckerschwan sind hier ebenso zahlreich vertreten wie das Blässhuhn. Hoch oben in der Luft zieht der Schwarzmilan seine Kreise. Dieser Greifvogel sucht die Seitenarme des Flusses und die Teiche ab, weil er seinen Speiseplan gerne mit toten Fischen bereichert, die an der Oberfläche treiben.

Auch viele Fischarten sind in den Wasserläufen des Auwaldes beheimatet. Einige, wie der Aal und der Hecht, sind selten geworden. Die Dorngrundel ist sogar ausschließlich im Naturschutzgebiet Rohrscholleninsel zu finden.

Die Pflanzen- und Tierwelt der Wiesen

Am Rand der Wälder gedeihen Wiesen, die - je nach Lage - eher feucht oder eher trocken sein können. Diese Lebensräume spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem des Auwaldes.

Auf einigen Quadratmetern Wiese sind bis zu 80 verschiedene Pflanzenarten zu finden. Dort hat man sehr seltene Orchideen nachgewiesen sowie einige andere, streng geschützte Pflanzen. Das fleischfarbene Knabenkraut und die Prachtnelke gedeihen auf den Feuchtwiesen. Was den Artenreichtum angeht, stehen die Trockenwiesen ihnen in nichts nach: Bienenragwurz, Pyramidenhundswurz und Brandknabenkraut sind dort heimisch.

Die Insektenwelt des Auwaldes kann mit nicht weniger als 29 Springschreckenarten und 48 Tagfalterarten aufwarten, viele davon sind selten oder geschützt.

Auf den Trockenwiesen und den Kiesbänken des Naturschutzgebietes Rohrscholleninsel leben der blauäugige Waldportier, der Schwalbenschwanz, die westliche und die braunfleckige Beißschrecke, die blauflügelige Ödlandschrecke und die blauflügelige Sandschrecke.

Der große Feuerfalter und der dunkle Wiesenknopfbläuling - zwei geschützte Arten - zählen dagegen zur Fauna der Feuchtwiesen. Auch die Sumpfschrecke und die Lauchschrecke kommen dort vor. Solche Biotope findet man insbesondere in den Wäldern der Ruprechtsau und stellenweise auch auf der Rohrscholleninsel und im Neuhofer Waldgebiet.

Der Stadtwald von Straßburg in Zahlen

  • 13 Pflanzenarten, die auf regionaler oder nationaler Ebene geschützt sind
  • Waldgebiet Ruprechtsau:
    • 33 Schmetterlingsarten und 20 Springschreckenarten, die seit 2008 erfasst wurden
    • 48 Singvogelarten, davon 39 in Wäldern und neun an Wasserläufen heimisch
    • Drei Reptilien- und sechs Amphibienarten bis 2011
  • Neuhofer Waldgebiet:
    • 32 Libellenarten, 17 Springschreckenarten und 31 Schmetterlingsarten, die seit 2008 erfasst worden sind
    • Vier Reptilien- und fünf Amphibienarten, die 2011 nachgewiesen wurden
    • 18 Fischarten, die zwischen 1995 und 2007 verzeichnet wurden
  • Naturschutzgebiet Rohrscholleninsel:
    • 54 Singvogelarten, die in Wäldern heimisch sind und 30 Arten, die Wiesen als Lebensraum bevorzugen
    • Zehn Amphibien- und vier Reptilienarten verzeichnet
    • 45 Schmetterlingsarten und 27 Springschreckenarten, die auf Wiesen vorkommen
    • 22 Fischarten in den Wasserläufen der Insel und im alten Rhein
    • Zehn Fledermausarten wurden erfasst; bei zweien fehlt bisher der Nachweis